Die Geröll übersäten Ackerflächen im Gewerbegebiet Niederschöna.

Sehr oft sind interessante Gesteinsschichten unter einer dicken Lehmdecke verborgen. Dank der Industrie- und Gewerbeansiedlung konnten im Gewerbegebiet Freiberg Ost seit 1993 viele Baugruben und Leitungsgräben aufgenommen und die Gesteine kartiert werden.

Im Gewerbegebiet Niederschöna brachten lediglich 1996/97 aufgeschlossene Leitungsgräben an der B173, der Milchviehanlage und im Jahre 2010 die unweit vorbeigeführte OPAL-Erdgastrasse wichtige Erkenntnisse. Ohne Gewerbeansiedlung, also ohne Baugruben und Leitungsgräben lässt sich nur mit Bohrungen in den Untergrund schauen. Für eine private Forschung ist das nicht umsetzbar.

 

Bemerkungen zum geologischen Untergrund

Rotlehm

Im Bereich des Gewerbegebietes Niederschöna lagern auf z.T. intensiv rotverwitterten Gneisen inselförmige Reste von alten Flussablagerungen, die den tiefsten Teilen der Niederschönaer Schichten der Sächsischen Kreide zugeordnet werden (Niederschöna-Formation, Unter-bis Mittelcenomanium, Alter ca. 95 Mio. Jahre). Die auf den Feldern zwischen Hilbersdorf, Naundorf und Hetzdorf weithin sichtbare Rotverwitterung des Biotitgneises mit teilweise noch erhaltener Rotlehmbildung entstammt einer den Flussablagerungen vorausgegangenen Zeit subtropisch bis tropischem Klimas.

Abb. 1: Reste einer subtropisch bis tropischen Gneisrotverwitterung im Gewerbegebiet Freiberg Ost nördlich Hilbersdorf (GÖHLER 2008a) mit Blickrichtung zum Tharandter Wald links am Horizont, Planie und erste Baugruben, Standort SolarWorld. Foto: Timo Göhler (2008).

 

Kreidekonglomerate und -tone

Der Rodelandbach (Linie Niederschöna - Oberschaar) trennte durch Erosion ein Stück der ehemals größeren Kreidesandsteinplatte ab, die zu dieser Zeit in ihrer Mächtigkeit bereits stark reduziert vorlag. Dies geschah etwa vor 300 000 bis 100 000 Jahren im Zeitraum der Saale- und frühen Weichsel-Kaltzeit. Die Kreiderelikte im Gewerbegebiet Niederschöna sind bis heute so geschrumpft, dass in wenigen 10 000 Jahren keine Spur mehr zu finden sein wird. Hierbei handelt sich vorwiegend um alte, in der Aue des cenomanen Niederschönaer Flusses gebildeten Hochwasser- und Rinnenabsätze, verschwemmte Rotlehme mit Flussgeröllen nebst sedimentiertem rotbraun gefärbten Gneisabrieb, tonigen Kiesen und kiesigen Sanden. All diese gehören zu den ältesten Schichten der Kreideablagerungen in unserem Gebiet, welche 1996 durch Leitungsgräben an der B 173 und im Jahr 1997 an der Milchviehanlage in einer Mächtigkeit von mindestens 0,75 m unter 1,75 m Geröll führendem Lehm aufgeschlossen waren und ähneln stark den Tonen und Kiesen aus dem OPAL-Graben zwischen Haida und dem Rodelandbach und den Vorkommen an der Waldecke nördlich von Naundorf, zu denen sie überleiten (siehe Abb. 3). Die Ablagerungen sind meist unter einer Lehmdecke verborgen und können durch Leitungsgräben und Baugruben gut aufgeschlossen werden.

Abb. 2: Nordost-Südwest-Geländequerschnitt durch die Flusstäler zwischen Freiberg und Niederschöna.

 

Abb. 3: Aufgeschlossene Kiese und Tone des in der Kreide aus Richtung Geyer-Ehrenfriedersdorf über Wiesenbad – Wolkenstein nach Großschirma – Oberschaar – Niederschöna – Tharandter Wald – Paulsdorf, weiter in Richtung Pirna abfließenden Niederschönaer Flusses der Sächsischen Kreide. Das dargestellte Profil aus dem Graben der OPAL-Erdgastrasse liegt im Verlegeabschnitt Haida – Rodelandbach (zwischen Niederschöna und Oberschaar) und ist hier 3 m tief.

 

Profilerläuterung zu Abb. 3 (etwa Bildmitte):

Hangendes
5. Braungelber massiger Gehängelehm mit eingelagerten Geröllen (Weichsel-Kaltzeit)
4. Fetter tief rotvioletter Ton, massig, Hochwasserabsätze
3. Grauer ungeschichteter sandiger Kies mit reichlich tonigem Bindemittel, Hochwasserabsätze
2. Linse unten rechts: gelbbrauner kiesiger Sand als Rinnensediment, Fließrinne nach Hochwasserrückgang in
    Schicht 1 eingeschnitten
1. Rostbrauner geschichteter Sandstein aus feinem Rotverwitterungsdetritus (Gneisabrieb) und Quarzsand,
    Hochwasserabsätze

Liegendes

Foto: Timo Göhler (2010)

 

Abb. 4: Übersichtskarte der Kreideablagerungen im Gewerbegebiet Niederschöna. Unter Verwendung der digitaten Topographischen Karte 1:10 000 der CD-ROM Top50, TopMaps © Staatsbetrieb Geobasisinformation und Vermessung Sachsen 2011. www.landesvermessung.sachsen.de

 

Elster-1-Grundmoränen- und Schmelzwasserschotter

Über den Kreideablagerungen folgt Weichsel-Kaltzeitlicher Gehängelehm mit reichlich eingeschwemmten/eingelagerten Geröllen bzw. Geschieben, die jedoch in die Elster-Kaltzeit zu stellen sind. Da diese Bildung direkt den Kreideablagerungen auflagert, sind letztere nicht selten zusammen mit den Gletscher- und Schmelzwassergeröllen im Gehängelehm mehr oder weniger angereichert zu entdecken. Die skandinavischen Gletscher transportierten alle unterwegs mitgerissenen Gesteine auch bis hierher. So finden sich im Gewerbegebiet als Grundmoränen- und Schmelzwasserkiesreste neben Ostsee-Feuersteinen viel Material der näheren Umgebung, z.B. Gneis- und Quarzitgerölle, gerundetes Ganggestein wie Baryt, Achat und Amethyst (GÖHLER 2008b), Bobritzscher Granit, weiterhin Phyllit, Kiesel- und Tonschiefer der Herzogswalder Gegend, Rhyolithe (Porphyre), „Basalte“, verschiedene, teilweise noch Meerefauna führende Sandsteingerölle aus dem Tharandter Wald u. v. a. m.

Abb. 5: Acker nördlich der Milchviehanlage mit reichlich vorhandenen Resten von Grundmoränen- und Schmelzwasserschottern der skandinavischen Elster-1-Inlandgletscher. Durch Aufnahme der Gerölle in hangabwärts wandernden Gehängelehm während der Weichsel-Kaltzeit vor ca. 20 000 Jahren können viele dieser Schotter ihren ursprünglichen Ablagerungsort mehrere hundert Meter entfernt besessen haben. Foto: Timo Göhler (2012).

 

Abb. 6: Ein 30 cm großes Porphyritgeröll auf dem Feld östlich der Milchviehanlage. Foto: Timo Göhler (2012). Nachtrag: Das Geröll wurde inzwischen geborgen und dabei festgestellt, dass es sich um einen Tertiärquarzit (Knollenstein) handelt.

 

 

Literatur

GÖHLER, T. (2008a): Aufschlüsse tropisch siallitischer Paläoböden (kaolinitische Rotlehme) am östlichen Ortsausgang von Freiberg / Sachsen und im Gewerbegebiet Ost. - Beiträge zur Geologie der Sächsischen Kreide (BGSK), 3 (2008), 19 S., Freiberg. (Download hier unter: BGSK)

GÖHLER, T. (2008b): Zur Problematik der Amethystgerölle in den cenomanen Basalkonglomeraten der fluvialen Niederschöna-Formation im Tharandter Wald. - Beiträge zur Geologie der Sächsischen Kreide (BGSK), 4 (2008), 15 S., Freiberg. (Download hier unter: BGSK)

PÄLCHEN, W. & WALTER, H. / Hrsg. (2008): Geologie von Sachsen. – E. Schweizerbart'sche Verlagsbuchhandlung (Nägele & Obermiller), Stuttgart, 1-537.

PRESCHER, H. (1957): Die Niederschönaer Schichten der Sächsischen Kreide. - Freiberger Forschungshefte C 34 (1957). 1-88.

SAUER, A. (1900): Erläuterungen zur geologischen Spezialkarte des Königreichs Sachsen, Section Freiberg Blatt 80. - Leipzig, 2. Auflage, 48-49.

 

Timo Göhler 15.01.2014


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